Ungarn in der DDR

Das „Abkommen zwischen den Regierungen der DDR und der UVR - Ungarische Volksrepublik - über die zeitweilige Beschäftigung junger ungarischer Werktätiger zum Erwerb praktischer Berufserfahrung in sozialistischen Betrieben der DDR“ vom 26. Mai 1967 hatte den Hintergrund in der DDR durch Abwanderung und Misswirtschaft fehlende Arbeitskräfte zu ersetzen und damit in Ungarn als überzählig angesehene Menschen zu beschäftigen. Sie durften nicht mit Familienangehörigen einreisen und waren daher meist unverheiratet. Sie waren in Wohnkomplexen untergebracht. Das konnten auch Baracken sein, soweit deutsche Monteure dort ebenfalls in solchen Behausungen wohnten. Die Ungarn zahlten nicht mehr als 30 Mark Miete, sollten sich in die Kollektive integrieren und wären den DDR-Bürgern arbeits- und sozialversicherungsrechtlich gleichgestellt. Soweit die Vorstellung der Regierungen. Aber Rentenansprüche waren ausgeschlossen!
1971 erhöhte der Ministerrat der DDR die Überweisungssätze für Lohnsteueranteile nach Ungarn auf 75% und die Sozialversicherungsanteile auf 60%.
1972 wurde die Weiterführung des Regierungsabkommens von 1967 beschlossen. Es sollte eine Laufzeit bis 1980 haben, wurde aber häufig novelliert Darin stand auch, dass im Austausch Deutsche in Ungarn arbeiten sollten. Das waren aber nur wenige, etwa 5 bis 10% des Kontingents der Ungarn.
Auf dem Papier hieß es: 2500 bis 4000 ungarische Jugendliche würden in der DDR und umgekehrt 300 bis 600 in Ungarn arbeiten und lernen. Für die jungen Magyaren waren Eheschließungen in der DDR ab 1973 nicht mehr ausgeschlossen, nur die Vergünstigungen aus dem Regierungsabkommen galten dann bei dauerhaftem Aufenthalt nicht mehr.
Die von Polen der DDR abgerungenen Vergünstigungen sollten auf Beschluss des Ministerrates vom 1. November 1973 auch für ungarische Beschäftigte Anwendung finden: Trennungsgeldentschädigungen, Erstattung von Heimreisekosten, Senkung des Mietsatzes auf 20 Mark, wenn der Werktätige seine Kleidung selbst kaufte und pflegt, Anerkennung des ungarischen Nationalfeiertages als zusätzlichen arbeitsfreien Tag, Familienbeihilfe, bezahlte Freistellung von 3 Monaten für berufliche Bildung, Überweisung der Lohnsteuern nach Ungarn in Höhe von 100% und die Schaffung von Unterbringungsmöglichkeiten für ledige Mütter zur “Vermeidung des Abbruchs des Arbeitsvertrages“. Am 17. Januar 1974 und am 15. Januar 1979 gab es Ergänzungen am Regierungsabkommen vom 7. Mai 1973 bis es am 14. August 1979 seitens der Ungarischen Volksrepublik teilweise gekündigt wurde, weil in Budapest und anderen Produktionsstandorten jetzt selber Arbeitskräfte gebraucht wurden. Ende der 80er Jahre beschäftigten 45 DDR-Betriebe ca. 4000 Ungarn und 6 ungarische Unternehmen 330 DDR-Bürger. Der Ministerrat, insbesondere das Staatssekretariat für Arbeit und Löhne, musste sich von nun an um Ausgleich für die bis 1983 mehr und mehr fehlenden Ungarn bemühen. Jetzt kamen die Kubaner und Algerier ins Spiel.

© 2012 Gabriele Lubanda – Politische Beschlüsse zu Ausländerinnen und Ausländern in der DDR – eine exemplarische Übersicht –