binationale Ehen und Partnerschaften

Hier eine Beschreibung von 1990, welche Kontakte zu Ausländerinnen und Ausländern für DDR-Bürger möglich waren und welche nicht.

Artikel "AusländerInnen in der DDR"
IAF Informationen
Verband binationaler Ehen und Partnerschaften 1990
AusländerInnen in DDR 1990.pdf
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Kollegen und Freunde

Rückwärtig betrachtet waren meine Kontakte zu Ausländern vielfältig. Mag es daran gelegen haben, dass mich Geografie und andere Kulturen schon immer interessiert haben, oder ich einfach nur Glück hatte, in einer Messe-Stadt wie Leipzig leben und studieren zu dürfen.

Von meiner obligatorischen sowjetischen Brieffreundin Katja aus Kaluga in der

6. Klasse mal abgesehen waren die ersten Bekanntschaften und Erfahrungen mit Ausländern die Weltfestspiele der Jugend 1973 in Berlin. Noch heute habe ich das grüne Hemd von Louis aus Zaire, das mit Konterfeis -ausgerechnet von Mobuto Sese Seku- bedruckt ist. (Wo ich mir doch so sehr gewünscht hätte, es wäre Lumumba gewesen) Aber wenigstens stammte die Gruppe, die ich zu betreuen hatte, aus Lubumbashi. Die Kongo-Hits eines gewissen Leon, waren damals uhest* inn für mich. Ulbricht wurde zur selben Zeit von Honecker abgelöst und die DDR konnte sich an ihrer Mauer mal weltoffen zeigen.

Wie das mit Brieffreundschaften so ist - eines Tages schlafen sie ein.

*(ein übriggebliebener Kraftausdruck der Berliner Abiturientenszene '71)

Ausländerkontakte während der Studentenzeit in Leipzig waren unvermeidlich. Und ich erinnere mich gern daran.

Claude und Kollegen im Schloßgarten von Schwerin

Claude Bourgainville aus Martinique lernte ich bei der Dokumentar- und Kurzfilmwoche im November 1977 kennen. Er war über die Gewerkschaft zur Ausbildung als Offsetdrucker in einen Leipziger Druckereibetrieb gekommen. Gemeinsam mit seinem mexikanischen Kollegen trafen wir uns, um ihre Deutschkenntnisse zu vertiefen.

Claude aus Martinique

Nach drei Jahren war 1980 die Ausbildung zu Ende. Kurz vor der Heimreise besuchten wir gemeinsam Schwerin.

Carlos Alberto Suaza Gomes geb. 18.1.1957 in Cali, Kolumbien

Carlos Alberto Suaza Gomes aus Kolumbien studierte von 1978 bis 1984 Tierarzt an der Veterenärmedizinischen Fakultät der Universität in Leipzig. Er war einer der ersten wenigen Studenten, die der kolumbianische Staat zum Studieren in die DDR geschickt hatte. Im Rahmen seines Ausbildungsvertrages bekam er ein Stipendium. Uns verband das gemeinsame Interesse an den Aufführungen der Leipziger Studentenbühne, wo wir den "Kohlhaas" sahen und von Bernhard Scheller erstmals etwas von kritischen Schriftstellern wie Thomas Brasch und Christoph Hein hörten. Carlos Großmutter war eine leidenschaftliche Verehrerin von Castro und Che Guevara. Er selber konnte mit seinem unstillbaren Temperament Menschen für sich einnehmen. Viele verband er, wie die Germanistikstudentinnen Bronka aus Prag oder Tanja Brindzova aus Zwolen in der Slovakei, mit denen wir gerne feierten und ihren Liedern lauschten.

Tief erschütterte uns 1979 die Nachricht vom Überfall auf Carlos Mutter zu Hause in Cali. Sie war von Rowdies in ihrer bescheidenen Hütte niedergeschlagen und ausgeraubt worden. So einfach über den Atlantik zu fliegen, war ihm nicht möglich. (Er hatte nicht das Geld.) .... und uns schon gar nicht, denn weder durften wir ins NSW - Nichtsozialistisches Wirtschaftsgebiet, kurz Westen - noch hatten wir dafür Devisen.

 

Über Carlos, der später auch Schriftstellerinnen und Stadträte zu seinem Bekanntenkreis zählte, lernte ich die Interviewpartnerin meiner Abschlußarbeit, Lucki kennen, eine bekannte Betriebszeitungsredakteurin. Sie gab mir einen Einblick in das Leben einer Frau, die zusammen mit einem Afrikaner einen Sohn hatte. Der Vater musste nach seiner Ausbildung die DDR wieder verlassen. Der Druck sich zu trennen, kam nicht nur von ihrer Parteileitung sondern auch von seinen Heimatleuten. Sie sagte: "John war ein Mann mit Geist und Verantwortung. Im Prinzip war das Leben mit ihm auch ein Leben mit seinen Landsleuten. Das ist es geblieben." Die alleinerziehende Mutter von 4 Kindern hatte es nie leicht. Ihr Jüngster, Lucarnos, von allen anderen verwöhnt, hatte immer eine Sonderstellung. Und das nicht nur weil er tapfer seine Sprachstörung bekämpfte. Im Hort war er ein wahrlich "schwarzes" Schaf. "Wenn 5 Kinder spielen und Streiche aushecken, dann sind 4 anonym, aber das 5. wird gesehen.," sagte sie mir ins Mikrofon. Mein Interview wurde nie gesendet.  Eine Frau die Vorurteile spürt, mit Unabänderlichem innerlich hadert - das passt nicht zum Bild einer sozialistischen Heldin, auch wenn Sie Sätze sagte wie: "Ich kann echt stolz sein, dass ich denken gelernt habe", "Ich gehe weniger davon aus, was Menschen falsch machen", "Liebe und Leben sind zwei Dinge, die schön sind - und durch Liebe Leben geben, ist noch schöner" und "Ich habe mich noch nie über Wäsche unterhalten" . Über Politik sprachen wir aber auch nicht, eher unterschwellig. Ich hörte heraus, dass sie sich Sorgen über Ihre Ältesten machte. Während sie sich redlich bemühte, ihre Artikel mit Planerfüllungs- und Kollektivgeschichten in nicht allzu verquerem Funktionärsdeutsch auszudrücken, lag ihren Ältesten die Freiheit der Andersdenkenden am Herzen. Bei ihnen konnten die "Spiegel"- und "Stern"-Artikel sowie Rudolf Bahrow's "Die Alternative" sicher Besseres bewirken als in meiner Studentenbude. So dachte ich, als ich den Umschlag in der Lindenstraße übergab. Sicher sein konnte man sich nie. Jens D. aus Norwegen, der mit seiner Mutter zu meiner Hochzeit 1977 gekommen war, hatte mir das Exemplar bei einem Treffen mitgebracht, bevor wir nach Warschau reisten. Eine der ersten Handlungen meines neuen Chefs Manfred Klein bei der Hauptabteilung Nachrichten des Staatlichen Rundfunkkomitees war es 1980, mir diese Freundschaft zu untersagen. Es schmerzt mich noch heute, diese Kontaktsperre unterschrieben zu haben. So wie mir ging es vielen, wie ich heute weiss. Und nicht alle haben sich daran gehalten, schon gar nicht 1989. RW

Meiner Spanisch-Dozentin Frau Barry war es mit ihrer farbigen Tochter anders ergangen. Hadiatou Barry durfte in dem DEFA-Kinderfilm "Ein Schneemann für Afrika" eine Hauptrolle spielen.

Von 1982 bis 1988 wagten die DDR und Mosambik ein einzigartiges Bildungsexperiment:

900 mosambikanische Schüler kamen für eine sechsjährige Schul- und Berufsausbildung an die Schule der Freundschaft nach Strassfurt. Als die gut qualifizierten Facharbeiter 1988 nach Mosambik zurückkehrten, war das Land vom Bürgerkrieg zerstört. Statt der versprochenen Arbeitsplätze erwartete die jungen Männer und Frauen der Militärdienst.

20 Jahre später reiste ein Filmteam nach Mosambik, um zu erfahren, was aus den ehemaligen Schülern geworden ist und was die Jahre an der Schule der Freundschaft für ihr Leben bedeutet haben.

Im Film kommen vier der ehemaligen Schüler zu Wort: zwei von ihnen leben in Maputo, der Hauptstadt Mosambiks und zwei seit längerem wieder in Deutschland. Neben ihren je eigenen und doch exemplarischen Geschichten erzählt der Film, warum die DDR und die damals junge Volksrepublik Mosambik an ein solches Bildungsexperiment glaubten und inwieweit die politischen Entwicklungen ihre Pläne durchkreuzten.

eine Domino Film-Produktion ->