Lateinamerikaner in der DDR

Das Staatssekretariat für Arbeit und Löhne der DDR zählte am 27. April 1990 noch insgesamt 10.481 Amerikaner, davon 2.326 Frauen. Aus Kuba waren davon 9.735   (2.137 Frauen) in der DDR verblieben oder warteten auf ihre bevorstehende Rückreise.

Aus Chile waren die meisten wieder in ihre Heimat zurückgekehrt oder hatten sich in Frankreich und anderen westlichen Ländern niedergelassen. Ganze 188 sollen geblieben sein, darunter 7 Frauen.

Chilenen in der DDR

Zu den großen Soli-Aktionen, bei denen Millionen von Spendengeldern aus der Bevölkerung zusammen kamen, gehörte in den 70ern "Solidarität mit Vietnam" und "Solidarität mit Chile".

Ein besonderes Kapitel der offiziellen Solidaritätsaktion, bei dem es um mehr als Spenden und Bekundungen ging, stellte die Aufnahme von politischen Emigranten aus Chile dar, die nach dem Sturz der Allende-Regierung aus Santiago, Valparadiso und anderen Orten fliehen mussten. Es kamen Sozialisten, Kommunisten, Lehrer, Künstler und ihre Familien. Ein Neubauviertel in Berlin-Köpenick wurde nach Allende benannt. Hier lebte auch der Kinderarzt Sergio Jofré.

Überhaupt bekamen die Chilenen großzügige Möglichkeiten der beruflichen Qualifizierung, des Studiums und der Beschäftigung an wissenschaftlichen Einrichtungen. Viele von Ihnen waren unter der Pinochet-Diktatur gefoltert worden. Sie erhielten umfassende medizinische Betreuung. Andere wurden in zwei ihnen vorbehaltenen Heimen untergebracht. Ein Ministerratsbeschluss vom 1. August 1974 wies alle Behörden an, ihnen Wohnungen und Arbeit bereitzustellen. Ihnen wurde Sprachunterricht auch während der Arbeitszeit gewährt, und sie konnten eine zentrale Kulturgruppe aufbauen.

Ministerratsbeschluß vom 1. August 1974
über die Aufnahme, Betreuung und Eingliederung der Politemigranten aus Chile in der DDR
Beschluß über die Aufnahme, Betreuung un[...]
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Der Philosoph und jahrelange Redakteur von “El Siglo”, der Zeitung der Kommunistischen Partei Chiles, Carlos Cerda schilderte seine ganz persönlichen Eindrücke von der DDR in seinem Buch "Santiago – Berlin, einfach".

Der Schriftsteller Omar Saavedra Santis veröffentlichte 1983 im Verlag Neues Leben seinen Roman "Blonder Tango", der 1986 von Lothar Warnecke bei der DEFA verfilmt wurde. Während Carlos Cerda 1985 in seine Heimat zurückkehrte, lebt Omar Saavedra Santis immer noch in Berlin.

Mit der Wende kamen die Probleme

Nach dem Ende der Pinochet-Diktatur siedelten viele Chilenen wieder zurück in die Heimat. Ihre bis dato noch nicht abgezahlten Kredite in Mark der DDR wurden ihnen von der Staatsbank und der Sparkasse großzügig erlassen.

Anders erging es den Bleibenden, die nun ihre Kredite in D-Mark zurückzahlen mussten, bevor sie dann ausreisen oder auch bleiben konnten. Am 27. April 1990 waren es noch 188, davon 7 Frauen.