IHRE SORGEN - unsere Sorgen

 

PROBLEMATISCH

für Ausländer

PROBLEMATISCH

für viele DDR-Bürger

a)…bei Ankunft und Eingewöhnung

 

  • unmittelbare Herauslösung aus Familie und oft auch aus kommunikativerer Gesellschaft,      => Einsamkeit
  • häufig erstmalige Konfrontation mit Rassenproblemen: plötzlich als „farbig“ angesehen zu werden, das bedeutet eine Situation fortwährenden Beobachtens und des Herausfallens aus der Allgemeinheit
  • oft ist Anpassung nötig, um psychisch zu überleben
  • wenig Informationen über uns und unser Land,
  • falsche und zu hohe Erwartungen, Enttäuschung
  • unfreiwillige, "plötzliche" Begegnung mit anderen Kulturen, Werten und Normen
  • Vorurteile aus unaufgearbeiteter politischer Vergangenheit treten hervor und werden oft als Pauschalurteile verbreitet
  • wenig Informationen über Herkunfts-länder,
  • Ziel und Zweck des Aufenthaltes von Ausländern bei uns nicht bekannt
  • kaum Möglichkeiten, andere Kulturen direkt kennen zu lernen

b)…bei Arbeit und Ausbildung

 

  • meist nur kurzzeitiger Deutsch-unterricht
  • Arbeitsnormen übersteigen zum Teil die Voraussetzungen
  • Arbeit zum Teil in Ausländerbrigaden: Ab- und Ausgrenzungsgefahr
  • Arbeitseinsatz ist auch bei Arbeitern aus der Zweidrittelwelt oft nicht sichtbar an den Erfordernissen und späteren Einsatzmöglichkeiten in den Herkunftsländern ausgerichtet
  • Arbeiter aus der Zweidrittelwelt können nur selten bzw. gar nicht Einfluss auf ihren Einsatzbereich und die Ausbildungsmöglichkeiten nehmen. Vorkenntnisse bleiben fast immer unbeachtet.
  • arbeitsrechtliche Gleichstellung, aber: Wer ist verantwortlich für arbeitsrechtliche Fragen der Ausländer? Vertritt der FDGB schon qualifiziert ihre Interessen?

 

  • nur geringe Fremdsprachenkenntnisse
  • Mangel an spezifischem zweisprachigen Material
  • zu schnelle Einstufung ausländischer Arbeiter als VBE (=Fachjargon für Vollbeschäftigteneinheit, also voll leistungsfähige Arbeitskraft)
  • Betrachtung ausländischer Arbeiter als "Fremdarbeiter"

 

c)...in Wohnheim und Wohngebiet

 

  • Umstellung auf anderes Nahrungsmittelangebot
  • Mangel an Spezialgeschäften für typische Nahrungsmittel (z.B. Fischgeschäfte und Gemüseläden, die über bestimmte Essgewohnheiten informiert sind; so verwenden Mocambiquaner bei Blumenkohl und Kürbis auch die Blätter als Gemüse)
  • Wohnheimunterbringung oft sehr beengt und isoliert in großen Objekten
  • z.T. überlastete Versorgungseinrichtungen und Angst vor Versorgungsengpässen
  • Wohnblocks werden plötzlich Ausländern zur Verfügung gestellt - Ärger bei den Wohnungssuchenden
  • Besuche in den Wohnheimen leiden darunter, das große Objekte verunsichern, ebenso die Ausweiskontrollen

 

d) …in der Freizeit (soziale Lage/Kontakte)

 

  • vorhandene Familie kann nicht mitgebracht werden
  • Bei Schwangerschaft ist es oft schwierig, den Aufenthalt in der DDR fortzusetzen, daher viele Schwangerschaftsunterbrechungen
  • Aufklärung über Verhüt-ungsmöglichkeiten ungenügend bzw. sie wird unzureichend verstanden
  • z.T. Schwierigkeiten, mit sexuellen Problemen fertig zu werden
  • Partnerschaft mit Deutschen stößt vielfach auf Vorurteile und Hass in der Umgebung
  • unterschiedliche Tradition und Vorstellung vom Verhalten und den Beziehungen zwischen den Geschlechtern; rasch entstehen Missverständnisse

 

  • Partnerschaft mit Ausländern stößt auf Vorurteile, oft auch Beleidigungen
  • Annäherungsversuche werden als Belästigung empfunden

 

e) …die sozialen Unterschiede**

 

  • es existieren große finanzielle Unterschiede, abhängig von den Herkunftsländern und deren vertraglichen Vereinbarungen
  • viele Arbeiter haben die Verpflichtung, die Familie im Heimatland zu unterstützen und möchten sich für später eine Existenzgrundlage schaffen; daraus ergeben sich finanzielle Sorgen
  • Verlust der eigenen speziellen religiösen. Umwelt; Unsicherheit, wie Religionsausübung bei uns erfolgen kann
  • ohne Kenntnisse wird Ausländern allgemein Devisenbesitz zuge-schrieben, was nicht der Realität entspricht
  • vielen, die persönliche Kontakte zu Ausländern wünschen, ist die staatliche Position dazu unklar, ** DDR-Bürger möchten sich Auseinandersetzungen mit Vorgesetzten, Freunden, Arbeitskollegen, und in der Familie ersparen
  • viele möchten mit anders aussehenden Menschen nicht auffallen oder ins Visier der Stasi geraten*

 

** Text wurde nachträglich 2011 eingefügt

 

Der Text ist weithin eine gekürzte Übernahme von "Anregungen zu solidarischem Leben mit Ausländern in der DDR" verfasst von der

Arbeitsgruppe 4 der Ökumenischen Versammlung für Frieden Gerechtigkeit

und Bewahrung der Schöpfung